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Ich will, ich will, ich will!

Veränderung
Datum:
Veröffentlicht: 18.10.22
Von:
Markus Schürrer
Gedanken von Pfarrer Markus Schürrer zum Thema Veränderungen im Leben

„Schau, du hast doch davon schon so viele, wünsch dir doch lieber etwas anderes! So einen Quatsch schenkt das Christkind nicht, das brauchst du nicht!“ Händeringend und schweißgebadet bringen Mama und Papa Argumente vor, um ihrem Kind den Weihnachts-Wunschzettel schon vorab ein wenig zu bereinigen, damit die Enttäuschung danach nicht allzu groß wird. Das Problem: das Kind hält in diesem Zusammenhang nicht viel von vernünftigen Argumenten. Es wirft sich auf den Boden, weint, schreit und ruft „Ich will aber! Ich will, ich will, ich will!“

Die einen Eltern geben nach, andere halten den Konflikt aus und bleiben konsequent. Typische, kindliche Trotzphase halt. Vom Thron unserer erwachsenen Vernunft herab lässt sich leicht darüber reden. Kinder halt. Doch abgesehen davon, dass sich der eine oder die andere von uns ganz gut an eine solche Episode aus der eigenen Kindheit erinnern kann: gibt es nicht auch erwachsene Trotzphasen? Augenblicke, in denen ich mir genau vorstelle, dass etwas so oder so zu laufen hat. Und wehe, jemand sieht es anders oder wagt es sogar noch, meine Überzeugung in Frage zu stellen. Dann schalte ich ganz schnell in den erwachsenen Quengel- und Trotzmodus und es fallen Sätze wie „Dann mach es halt selber!“ oder „Wenn meine Hilfe nicht gewünscht ist, kann ich es auch lassen.“ Oder ich hole mir unsichtbare und ebenso nicht nachweisbare Hilfe von außen und sage „Die anderen Leute sehen das ganz genau so wie ich.“ Ich bleibe halt ein Leben lang irgendwie auch Kind, manchmal ein ganz großes.

In den vergangenen Jahren erlebe ich Veränderungen in ganz vielen Bereichen des Lebens, aus meiner Wahrnehmung heraus nicht immer zum Besten. Das Leben ringt mir ständige Veränderungsbereitschaft ab: gesundheitlich, finanziell, beruflich, familiär, weltpolitisch und kirchlich. Es ist mehr als verständlich, dass ich angesichts dieser Vielzahl an Veränderungsprozessen manchmal am liebsten nur noch meine Augen schließen, mich innerlich auf den Boden meines Kinderzimmers werfen und brüllen möchte: „Ich will aber, dass es so bleibt! Ich will, ich will, ich will!“ Und ich öffne wieder die Augen und muss feststellen, dass es nichts nutzt, sich dagegen aufzulehnen; weil es wirklich viele vernünftige oder zumindest logische Gründe und Argumente für die Veränderungen gibt, ob ich diese letzten Endes gut finde oder nicht. Und dass die Mehrheit dieser Veränderungen nicht von Menschen gemacht sind, um mir persönlich eins auszuwischen. Sondern sie entstehen, weil ich mich mit anderen Menschen zusammen den Herausforderungen mitten in dieser Zeit stellen und überlegen muss, wie wir miteinander am besten Wege in die Zukunft finden können.

„Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15) sagt Jesus gleich zu Beginn seines Wirkens in der Öffentlichkeit und macht von Anfang an klar: Glaube bedeutet von Grund auf Veränderungsbereitschaft. Bereitschaft, sich in seinen eigenen Gewohnheiten, Sicherheiten und Überzeugungen immer wieder anfragen zu lassen und neu auszurichten. Und dabei zu wissen, es gibt eine Sache, die sich niemals verändern wird - die Hoffnung auf die Zukunft, die mir Gott trotz aller Umbrüche in meinem Leben schenken wird. Ich wünsche mir, dass mir dieses Wissen helfen kann, gelassener mit den Veränderungen umzugehen, mit denen ich mir schwer tue.